Das Bild ist schwarz-weiß. In Kopfsteinpflaster eingelassen sieht man nebeneinander vier quadratische, aus hellem, glänzendem Material gefertigte Steine (Plaketten). Auf dem linken Stein steht in Großbuchstaben zu lesen: „Hier wohnte Moritz Scheuer Jahrgang 1896 Flucht 1933 Frankreich Argentinien Flucht in den Tod 1945.“
Auf dem zweiten Stein von links steht geschrieben: „Hier wohnte Lina Caroline Stern geborene Scheuer, Jahrgang 1889, eingewiesen 1.10.1940 Landesheilanstalt Brandenburg, ermordet 1.10.1940.“
Auf dem dritten Stein von links steht zu lesen: „Hier wohnte Ludwig Scheuer, Jahrgang 1899, misshandelt, ‚Schutzhaft‘ 1935 Flucht 1938 Argentinien, überlebt.“
Auf dem Stein ganz rechts steht geschrieben: „Hier wohnte Samuel Scheuer, Jahrgang 1856, ‚Schutzhaft‘ 1935 ‚Rassenschande‘, Heimatort 1935 verlassen, Frankfurt, tot 1938.“
Das Bild ist schwarz-weiß. Es zeigt das Ganzkörperportrait einer achtköpfigen Familie im Garten.
In der Mitte des Bildes befindet sich ein kleiner Tisch. Er ist mit einer hellen, mit Blumen bestickten Tischdecke sowie einer Blumenvase dekoriert. Links und rechts des Tisches, auf Stühlen sitzend, sind die Eltern platziert.
Die Frau links des Tisches trägt ein dunkles, bodenlanges Kleid mit einem weißen hochgeschlossenen Kragen. Die Ärmel sind lang und schließen am Handgelenk mit langen Aufschlägen ab. Die Frau sitzt aufrecht. Ihr rechter Arm ruht in ihrem Schoß, den linken Arm hat sie auf dem Tisch abgelegt, die Hand umfasst die Tischdecke. Sie trägt die dunklen Haare in der Mitte gescheitelt, hochgesteckt und toupiert. Sie blickt freundlich in die Kamera, lächelt jedoch nicht.
Der Mann auf der anderen Seite des Tisches trägt einen dunklen Anzug mit hellem Hemd und dunkler Krawatte. Er sitzt aufrecht und breitbeinig. Seine linke Hand ist auf dem linken Oberschenkel abgestützt. Die rechte Hand ruht auf dem Tisch. Er trägt kurze ergraute Haare und einen großen Schnauzbart. Er blickt streng in die Kamera.
Die junge Frau links im Bild trägt ein helles, bodenlanges und hochgeschlossenes Kleid mit einer hellen Schürze. Auch sie trägt ihr dunkles Haar toupiert und mit Mittelscheitel. Sie steht aufrecht und blickt, den Kopf leicht gesenkt, ernst in die Kamera. Ihre linke Hand ruht auf der Schulter des Jungen neben ihr.
Dieser trägt einen Anzug mit kurzen Hosen, hellem Hemd und Krawatte. Seine Haare sind sehr kurz, seine Ohren stehen leicht ab. Er blickt direkt, aber leicht schüchtern in die Kamera.
Links hinter der Mutter und hinter dem Tisch steht ein junger Mann. Ein Blumenstrauß verdeckt teilweise seinen Oberkörper. Er trägt einen Anzug mit weißem Hemd und Krawatte. Sein dunkles, etwas längeres Haar ist in der Mitte gescheitelt. Er blickt rechts an der Kamera vorbei, sein Gesicht wirkt ausdruckslos.
Links von ihm, ebenfalls hinter dem Tisch steht eine junge Frau in einem weißen, hochgeschlossenen Kleid. Um den Hals trägt sie eine kurze Kette. Ihr dunkles Haar ist hochgesteckt und in der Mitte gescheitelt. Sie blickt leicht lächelnd rechts an der Kamera vorbei. Ihr linker Arm ruht auf der Schulter ihres vor ihr sitzenden Vaters.
Das Mädchen, das links vom Vater steht, trägt ein weißes, mittellanges Kleid mit kurzen Ärmeln, dazu dunkle Stiefel. Der untere Saum schließt mit einem Spitzenrand ab. Ihr dunkles Haar wird im Nacken von einer großen Schleife zusammengehalten. Sie blickt mit leicht gerecktem Kinn in die Kamera. Den linken Arm hat sie bei der jungen Frau neben ihr stehend untergehakt. Diese trägt ein knöchellanges, helles Kleid. Die Ärmel sind ellenbogenlang. Sowohl die Ärmel als auch der Saum sind mit Spitze besetzt. Auf Höhe der linken Brust trägt sie eine Brosche. Sie steht aufrecht und hält die Hände vor dem Körper verschränkt. Wie ihre Schwestern trägt auch sie das dunkle Haar hochgesteckt und in der Mitte gescheitelt. Sie blickt in die Kamera.
Die Bildunterschrift lautet: „Familie Scheuer anlässlich der Silberhochzeit von Auguste und Samuel im Jahr 1910 in der Burgstraße 34 in Gelnhausen: (von links nach rechts) Lina, Ludwig, Auguste Scheuer, geborene Biermann, Moritz, Regina (Rosa), Samuel, Flora und Else.“
Lina Stern wurde 1889 als ältestes von sechs Kindern von Samuel und Augustine Scheuer geboren. Die jüdische Familie wurde nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten enteignet und aus Gelnhausen vertrieben. Lediglich die zwei Brüder Moritz und Ludwig konnten durch Emigration nach Argentinien dem Holocaust entkommen. Die Schwestern Regina und Flora wurden in Lagern in Osteuropa ermordet.
Lina Stern wurde in die Heil- und Pflegeanstalt Gießen eingewiesen. Die Krankheitsgründe sind unklar. Jüdinnen und Juden kamen nicht nur in Anstaltsbehandlung, weil sie geistig behindert oder psychisch erkrankt waren. Grund für Einweisungen konnten auch traumatische Erlebnisse oder Hirnverletzungen infolge rassistischer Gewalttaten sein.
Am 1. Oktober 1940 wurde Lina Stern in die „Euthanasie“-Tötungsanstalt Altes Zuchthaus in Brandenburg an der Havel deportiert und dort vermutlich noch am selben Tag in der Gaskammer ermordet. Dass ihre Familie je von ihrem Tod erfuhr, ist zu bezweifeln. Wie von den meisten jüdischen Patientinnen und Patienten sind auch von Lina Stern bislang kaum mehr als der Name sowie die Geburts- und Sterbedaten bekannt.
Das Bild ist schwarz-weiß. Im Vordergrund des Bildes sieht man die Dächer mehrerer Häuser sowie einige Bäume. Die Schindeln der Dächer sind dunkel. Aus der linken Bildmitte heraus ragen weitere, größere Gebäude. Sie haben einen hellen Anstrich und sind mehrgeschossig. Zu erkennen sind die Fensterreihen langer Flure auf drei Stockwerken. Ein etwa gleich großes, jedoch dunkleres Gebäude befindet sich im Zentrum des Bildes. Aus einem Schornstein auf dem rechten Teil des Daches steigt eine große Rauchwolke in den Himmel, die sich durch den Wind zum linken Bildrand hin auflöst.
Das Bild macht den Anschein, als sei es aus einem Dachfenster aufgenommen worden.
Die Bildunterschrift lautet: "Der rauchende Schornstein des Krematoriums der Tötungsanstalt Hadamar."
Unter der Bezeichnung „Aktion T4“ – benannt nach der Adresse der Zentrale in der Tiergartenstraße 4 in Berlin – wurde von den Nationalsozialisten in insgesamt sechs Tötungsanstalten mit Unterstützung von Ärzten, Pflegekräften und Verwaltungsbeamten der systematische Massenmord an geistig behinderten Kindern, Frauen und Männern sowie anderen „unerwünschten Elementen“ umgesetzt.
Eine dieser Anstalten befand sich im hessischen Hadamar. Hier wurden zwischen Januar 1941 und März 1945 im Rahmen der „Aktion T4“ und später in der sogenannten „wilden Euthanasie“ etwa 14.500 Menschen durch Gas, tödliche Injektionen und Medikationen sowie durch vorsätzliches Verhungernlassen ermordet.
Ab August 1940 wurden jüdische Patientinnen und Patienten zunächst in einer einzelnen Anstalt konzentriert. Als eine solche „Zwischenanstalt“ fungierte beispielsweise die „Landesheil- und Pflegeanstalt“ Gießen. Insgesamt 64 jüdische Patientinnen und Patienten der „Landesheilanstalten“ Merxhausen, Marburg und Haina wurden zunächst dorthin und schließlich am 1. Oktober 1940 in die Tötungsanstalt Brandenburg deportiert.
Lina Stern wurde 1889 geboren.
Lina Stern und ihre Familie waren Juden.
Deshalb wurde der Familie alles weggenommen.
Die National-Sozialisten wollten alle Juden ermorden.
Lina Stern hatte 5 Geschwister.
2 Brüder konnten nach Argentinien fliehen.
2 Schwestern wurden
in Konzentrations-Lagern ermordet.
Lina Stern wurde in eine Tötungs-Anstalt gebracht.
Sie wurde in einer Gas-Kammer ermordet.
Aktion T4 ist eine Abkürzung.
Aktion T4 bedeutet:
Menschen mit geistiger Behinderung wurden ermordet.
Das passierte auch in Hessen.
In Hadamar war eine Tötungs-Anstalt.
In Hadamar wurden sehr viele Menschen ermordet.
Das war vom Jahr 1941 bis ins Jahr 1945.
64 jüdische Patienten kamen aus Hessen.
Sie wurden nach Brandenburg gebracht.
In Brandenburg war eine andere Tötungs-Anstalt.
Die jüdischen Patienten
wurden in Brandenburg ermordet.
Das war am 01.Oktober 1940.
Lina Stern wurde 1889 geboren.
Sie war das älteste Kind
von 6 Kindern.
Ihre Eltern hießen:
Samuel und Auguste Scheuer.
Familie Scheuer hatte den jüdischen Glauben.
Als die National-Sozialisten Deutschland regierten,
sollte der jüdische Glauben ausgelöscht werden.
Familie Scheuer wurde deshalb alles abgenommen.
Und sie wurden aus Gelnhausen vertrieben.
Zwei Brüder von Lina Stern konnten nach Argentinien fliehen.
2 ihrer Schwestern wurden in Konzentrations-Lagern ermordet.
Lina Stern musste in die Heil-Anstalt nach Gießen.
Was sie genau hatte,
weiß man nicht.
Als die National-Sozialisten Deutschland regierten,
kamen viele jüdische Menschen in Heil-Anstalten.
Am 1. Oktober 1940 musste Lina Stern
in eine Tötungs-Anstalt nach Brandenburg.
Dort wurde sie in einer Gas-Kammer ermordet.
T4 ist eine Abkürzung.
T4 bedeutet:
Tiergartenstraße 4.
Die Tiergartenstraße 4 war in Berlin.
Dort war die Zentrale für 6 Tötungs-Anstalten.
In diesen 6 Tötungs-Anstalten
wurden Menschen mit geistiger Behinderung ermordet.
Ärzte und Krankenschwestern
haben den National-Sozialisten bei der Ermordung geholfen.
Es gab auch Tötungs-Anstalten in Hessen.
Eine davon war in Hadamar.
In Hadamar wurden mehr als 14 -Tausend Menschen ermordet.
Das war vom Jahr 1941 bis ins Jahr 1945.
In Hessen gab es auch 4 Landes-Heilanstalten.
Aus diesen Landes-Heilanstalten
wurden 64 jüdische Patienten nach Brandenburg gebracht.
In Brandenburg war eine Tötungs-Anstalt.
Die jüdischen Patienten wurden
in der Tötungs-Anstalt in Brandenburg ermordet.
Das war am 01.Oktober 1940.
Als Jüdin verfolgt
Nach Brandenburg deportiert
mit Gas ermordet
ohne Grab geblieben
nur Stolperstein erinnert
Spuren des Lebens
fast ausgelöscht